DIGITALE VERWALTUNG

Registermoderni-
sierungsgesetz (RegMoG)

Ein großer ungewisser Schritt auf dem Weg zu einer digitalen Verwaltung

Der Gesetzesbeschluss zur Registermodernisierung sieht vor, alle Register von Bund, Ländern und Kommunen bis Ende 2028 auf einen einheitlichen, elektornischen Stand zu bringen.

Es begann mit dem Onlinezugangsgesetz

Erinnern Sie sich noch an den 14. August 2017? An diesem Tag ist das Gesetz zur Verbesserung des Onlinezugangs zu Verwaltungsleistungen (Onlinezugangsgesetz – OZG)1 in Kraft getreten. Viele Monate danach, war nicht klar, „Welche 575 Services sind gemeint?“, „Sind Kommunen überhaupt betroffen oder nur Bund bzw. Land?“, „Wer finanziert dies alles?“, „Was ist FIM?“ und „Was bedeutet EfA Services?“, u.s.w.
Heute wissen wir, dass es nicht möglich war, bis Ende 2022 diese 575 Services zur Verfügung zu stellen. Wir wissen auch, dass viele Abkürzungen, Handbücher, Checklisten etc. die Kommunen zu spät erreicht haben.

Und was war am 28. März 2021? An diesem Tag ist das Gesetz zur Einführung und Verwendung einer Identifikationsnummer in der öffentlichen Verwaltung und zur Änderung weiterer Gesetze (Registermodernisierungsgesetz – RegMoG)2 in Kraft getreten. Und wiederum ist vielen Kommunen bis heute nicht klar, was dies für sie bedeutet.

Mit dem Registermodernisierungsgesetz kann Deutschland das „Once-Only“-Prinzip (OOP) der Single Digital Gateway Verordnung (SDG) verwirklichen. Und schon wieder kommen mit SDG und OOP neue Begriffe auf?

Die Single Digital Gateway Verordnung ist komplex und umfasst mehrere Verordnungen und Richtlinien. Die Umsetzung der SDG-VO (2018/1724/EU)3 ist mit der Bereitstellung von Informationen über allgemeine Rechte und Vorschriften, On- und Offline-Verfahren sowie über Unterstützungsdienste im Dezember 2020 gestartet. Die Kommunen sind seit Dezember 2022 verpflichtet, Informationen über ihre Leistungen bereitzustellen.

Diese Leistungen finden Sie z.B. auf der Seite des FIM-Portals oder auf der OZG-Imformationsplattform:

Abbildung 1: SDG Relevanz von Online-Verfahren

Wir unterstützen Sie!

Erstellen Sie mit uns eine Übersicht, welche Ihrer OZG Services SDG relevant sind und, ob diese auch in FIM eingepflegt sind bzw., ob andere Verordnungen (z.B. eIDAS) oder Richtlinien (z.B. Barrierefreiheit) schon eingehalten sind.

Ende Dezember 2023 müssen 21 der wichtigsten Verfahrensbündel (Anhang II der SDG-VO) und Leistungen aus vier Richtlinien (Berufsanerkennungsrichtlinie 2005/36/EG 4 , Dienstleistungsrichtlinie 2006/123/EG 5 , sowie Vergabe 2014/24/EU 6 und 2014/25/EU 7 ) in allen Mitgliedstaaten vollständig medienbruchfrei digital und grenzüberschreitend zweisprachig bereitgestellt, sowie an das europaweite Once-Only-Technical-System (OOTS) angeschlossen sein.

Vollständig medienbruchfrei digital bedeutet, auch die verpflichtende Berücksichtigung der eIDAS Verordnung (910/2014/EU 8 – Anerkennung elektronischer Identitäten und Signaturen) sowie elektronischer europäischer Bezahlmodule und die Richtlinie zur digitalen Barrierefreiheit (2016/2102/EU)9 sowie eine elektronische Zustellung des rechtsgültigen Bescheides oder Urkunde.

Erweitern Sie mit uns Ihre Übersicht von Online-Verfahren nach Art. 2 Abs. 2 der SDG-VO, zu denen Informationen über Online-Verfahren selbst bereitzustellen sind. Dies sind Online-Verfahren, die den SDG-Informationsbereichen gemäß Anhang I der SDG-VO zugeordnet werden können, um Online-Verfahren nach Art. 6 der SDG-VO, die vollständig online abgewickelt werden sollen (u.a. Anbindung an das OOTS). Die Verfahren sind in Anhang II der SDG-VO aufgeführt. Die Anforderungsdefinition erfolgt in weiterführenden Artikeln der SDG-VO (Art. 10, Art. 13, Art. 14, Art. 15, Art. 22 (1) und (2), Art. 24 und Art. 25) sowie der DVO. Von den Anforderungen in Art. 14 bzgl. OOTS sind zudem die Verfahren betroffen, die unter die dort benannten EU-Richtlinien fallen.

Mit Hilfe des OOTS10 soll der Austausch von Nachweisen europaweit grenzüberschreitend und automatisiert zwischen Behörden erfolgen. Für Bürger*innen und Unternehmen erübrigt sich damit das mehrfache Bereitstellen von Nachweisen, sofern sie einer Übermittlung des jeweiligen Nachweises zustimmen. Bereits in Registern gespeicherte Angaben und Nachweise müssen dann nicht immer wieder aufs Neue vorgelegt werden. Zudem wird die Qualität der Registerdaten nachhaltig gesteigert.

Die Durchführungsrechtsakte zum OOTS (DVO EU Nr. 2020/1121 + 2022/1463) beinhaltet drei zentrale „europäische“ Komponenten, zusammengefasst als Common Services:

  • Data Service Directory (DSD): Ein zentraler Service, der die Auffindbarkeit von Nachweisen (Evidence-Provider und Evidence-Type) und deren Bedingungen (z.B. Attribute) beinhaltet.
  • Evidence Broker (EB): Ein zentraler Service, der es Nachweiseanfragenden Organisationen ermöglicht, die Feststellung des Evidence-Types in einem anderen Mitgliedsstaat mit dem in seinem Verfahren benötigten Evidence-Type festzustellen.
  • Semantic Repository: Ein zentraler Service, der den Zugang zu Datenmodellen, Metadaten-Schemata und Datenformaten zu den unterschiedlichen Evidence-Types erlaubt.

Das Nationale Once-Only-Technical-System (NOOTS)

Für die erfolgreiche Umsetzung des Once-Only-Prinzips in der öffentlichen Verwaltung müssen Data Consumer (Antrags- bzw. Fachverfahren) und Data Provider (registerführende öffentliche Stellen) umfassend digitalisiert werden, um einen medienbruchfreien und automatisierten Abruf von Nachweisen zu ermöglichen.

Damit die Register in Deutschland miteinander und mit anderen europäischen Registern kommunizieren können, braucht es ein Nationales Once-Only-Technical-System (NOOTS). Im NOOTS werden Anforderungen, sogenannte Anschlussbedingungen, formuliert.

Die nationalen Technical Design Documents (TDDs)11 beschreiben alle Komponenten des geplanten NOOTS und ihr Zusammenspiel auf einem hohen Software-Architekturlevel. Dieses beinhaltet zum Beispiel die Registerdatennavigation, Identity- and Accessmanagement (IAM) für Behörden, Identity Management (IDM) für Personen und weitere Komponenten.

Abbildung 2: Reifegrad Nachweisabruf

Reifegrad Nachweisabruf

Stufe A – Offline:
Die zur Leistungserbringung notwendigen Nachweise werden ausschließlich in papiergebundener Form bereitgestellt oder lediglich auf Anfrage manuell digitalisiert. Ein sofortiger elektronischer Abruf ist nicht möglich. Der Austausch eines Nachweises erfolgt entweder durch Bezug und Einreichung durch den Bürger oder durch den direkten Austausch zwischen Data Consumer (Fachverfahren) und Data Provider (registerführenden Behörde). Die Übermittlung erfolgt auf postalischem Weg oder über Fax. Eine Übermittlung per Mail ist ebenfalls denkbar, wenn der notwendige Nachweis auf Anfrage manuell digitalisiert wird. Eine automatisierte Verarbeitung im Online- oder Fachverfahren ist nicht zeitgerecht möglich. Entspricht noch weitgehend dem Status quo in der Leistungsverwaltung.

Stufe B – Elektronisch übermittelte Nachweise:
Die zur Leistungserbringung notwendigen Nachweise liegen in einem Format vor, das eine elektronische Datenübermittlung ermöglicht, beispielsweise im PDF- bzw. JPEG-Format. Eine maschinelle Auswertung zum Zweck der Datenübernahme in das Antragsformular im Online- oder Fachverfahren ist nicht (oder nur mit erheblichem zusätzlichem Aufwand) möglich. Das entspricht dem durch die Europäische Kommission festgelegten Mindestzustand für die Anbindung an das europäische Once-Only-Technical-System (EU-OOTS).

Stufe C – Elektronisch auswertbare Nachweise:
Die zur Leistungserbringung notwendigen Nachweise können elektronisch in strukturierter Form abgerufen werden. Oft entsprechen diese dabei den heutigen papiergebundenen Nachweisen, bspw. Geburtsurkunden oder Meldebescheinigungen. Die elektronische Repräsentation orientiert sich an bestehenden Fachstandards, wie sie heute in Registerauskünften genutzt werden, bspw. XMeld oder XPersonenstand. Nachweise werden mindestens in maschinenlesbarer Form übermittelt, was eine automatisierte Datenübernahme im Online- oder Fachverfahren ermöglicht.

Stufe D – Bedarfsgerecht übermittelte Informationen:
Die zur Leistungserbringung notwendigen Informationen können zielgerichtet elektronisch abgerufen werden. Statt einem Nachweis, der heute auch immer nicht benötigte personenbezogene Daten enthält, werden lediglich die auf den konkreten Bedarf zugeschnittenen Informationen ausgetauscht. Besteht zum Beispiel die Notwendigkeit, den Wohnort einer Person zu validieren, würde zukünftig keine vollständige Meldebescheinigung ausgetauscht werden, sondern lediglich ein maschinenlesbarer Datensatz, der ausschließlich Informationen zur Meldeadresse einer Person beinhaltet. Möglich wäre damit auch, eine konkrete Frage zur Prüfung eines Sachverhalts zu verschicken, die dann durch die registerführende Behörde beantwortet wird. Beispielsweise könnte eine Prüfung auf Volljährigkeit im Antragsprozess notwendig sein, was eine registerführende Behörde dann mit einem „Ja“ oder „Nein“ beantwortet.

Erstellen Sie mit uns eine Registerlandkarte mit den Informationen, in welcher Stufe sich die jeweiligen Register befinden und welche Schritte bzw. Budget notwendig wäre, um die Stufe C oder D zu erreichen.

Angebote der Verwaltung – bürgernah
und nutzerfreundlich

Die EU-Verordnung zum SDG und das Onlinezugangsgesetz (OZG) verfolgen dasselbe Ziel: Das digitale Angebot der Verwaltung soll bürgernah und nutzerfreundlich sein. Zudem sollen alle Leistungen der öffentlichen Verwaltung über ein einziges Portal zu finden sein.
Für die betroffenen Online-Services gilt nach Art. 6 der SDG-VO die Pflicht der vollständigen Online-Bereitstellung (= Umsetzung OZG Reifegrad 3) von Verfahren sowie die Pflicht, Nachweisabrufe über das EU-OOTS gemäß Art. 14 der SDG-VO in das EU-Ausland zu ermöglichen. Für die betroffenen Register gilt nach Art. 14 der SDG-VO die Pflicht, Nachweisabrufe über das EU-OOTS aus dem EU-Ausland zu ermöglichen. Die Anbindung der Register und Online-Services deutscher zuständiger Behörden an den grenzüberschreitenden Nachweisaustausch nach Art. 14 der SDG-VO soll über intermediäre Plattformen erfolgen.

  • Zugriffsschutz: Das 4-Corner-Modell12 , ein modernes Interaktionsmuster für den Datenaustausch, verhindert den unkontrollierten Datenzugriff einer datenabrufenden Stelle. Nur mit einer Legitimation durch eine Prüfinstanz ist der Zugriff auf die Daten eines Registers möglich.
  • Datenschutzcockpit (DSC) 13 schafft Transparenz: Jeder Abruf von Daten von Bürger*nnen wird protokolliert und damit wird nachvollziehbar, welche Behörde, wann mit welchen Daten gearbeitet hat. Technisch gesehen ist das DSC eine IT-Komponente des Portalverbundes, der eine Verknüpfung von Verwaltungsportalen aus Bund, Ländern und Kommunen darstellt, und alle Verwaltungsleistungen in Deutschland digital verfügbar macht. Der erforderliche XÖV-Standard XDatenschutzcockpit (XDSC) wird durch die Koordinierungsstelle für IT Standards beim Senator für Finanzen Bremen (KoSiT) entwickelt.

Abbildung 3: zentrale Komponenten der Registermodernisierung

214 Register in Deutschland

In Deutschland gibt es 214 Register und registerähnliche Datenstrukturen. Der IT-Planungsrat geht in seinen Überlegungen sogar von 375 Registern aus.14 Relevant im Rahmen des Registermodernisierungsgesetzes sind insgesamt 51 ausgewählte Register. 18 davon genießen Priorität als „Top-Register“. Die dort geführten Daten sind bedeutsam für die Erfüllung des Onlinezugangsgesetzes und den Datenaustausch zwischen Behörden. Erst in weiteren Schritten soll der Anschluss der weiteren Register an die Infrastruktur folgen. Federführend für die Umsetzung des Gesetzes sind das Bundesverwaltungsamt (BVA), das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt), und das Informationstechnikzentrum Bund (ITZBund).

Als zentrales Ziel setzt das Gesetz die Ergänzung der Identifikationsnummer (IdNr) 15. Bei vielen Registern muss hierzu zuerst eine grundlegende Modernisierung erfolgen. Die Register auf Bundesebene werden zum Großteil bereits elektronisch geführt, andere Register auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene existieren noch in Papierform. Modernisierung in diesem Zusammenhang bedeutet vor allem, dass die genutzten Grundlagen beim Neuaufbau und bei der Weiterentwicklung angeglichen werden müssen, um den unermesslichen Datenschatz des Staates zu heben. Somit werden für alle Register technische, architektonische und rechtliche Standards benötigt, die eine Vernetzung erst ermöglichen.

Ein gutes Beispiel für effizientere Verfahren ist der Zensus. Gegenüber dem Verfahren von 2011 könnte der Staat bei der ausschließlich registerbasierten Durchführung 87 Prozent der Kosten (über eine Milliarde Euro) einsparen. Außerdem lassen sich digitale Verfahren schneller durchführen, sodass sich der Zensus, wie von der EU gewünscht, sogar jährlich durchführen ließe.

Wie hoch das Potenzial konkret ist, zeigt eine Studie von Bitkom Research. In der analogen Welt dauert der Gang zur Behörde durchschnittlich ca. zweieinhalb Stunden. Bemerkenswert daran ist, wie wenig Zeit davon die eigentliche Bearbeitung des Anliegens beansprucht: nur ungefähr eine halbe Stunde. Die Erfahrung zeigt, dass ein Teil dieser Zeit dafür genutzt wird, Daten von einem (Papier-)Formular in die Maske eines Fachverfahrens zu übertragen. Die übrigen zwei Stunden entfallen auf An- und Abfahrt sowie Wartezeit.

Der digitale Behördengang ist für die Antragstellenden sehr viel schneller und komfortabler. Die Verwaltung selbst profitiert beim Verzicht auf Papier von durchgängig digitalen Prozessen, die im nächsten Entwicklungsschritt durch das Wegfallen gesetzlich verankerter Schriftformerfordernisse automatisiert ablaufen könnten: Standardfälle werden ohne Eingreifen des Bearbeitenden geprüft und entschieden, während diese/r sich auf die komplexen Fälle konzentriert. Dies ist heute schon bei der Einkommensteuererklärung der Fall.

Künftig müssen Bürger*innen nicht für jeden einzelnen Verwaltungsprozess erneut ihre Daten eingeben, sondern nur noch die für den jeweiligen Antrag spezifischen Daten ergänzen – entsprechend dem Once-Only-Prinzip. Andererseits kann die Verwaltung die Anträge auf Basis von qualitätsgesicherten Daten bearbeiten. Das Warten auf Nachlieferung von Daten entfällt und optimalerweise entsteht ein durchgängig digitaler Prozess. Alle profitieren von einem stark beschleunigten Verfahren.

Erweitern Sie mit uns Ihre Registerlandkarte um Informationen hinsichtlich der Einbindung der Identifikationsnummer. Nehmen Sie gerne Kontakt zu uns auf, wir beraten Sie in allen Fragen rund um das Onlinezugangsgesetz und die Registermodernisierung: digitaleverwaltung@prosoz.de

Prosoz Herten - Bild CDO Christian Rupp

Kontakt

Christian Rupp
CDO bei PROSOZ Herten GmbH
Vorsitzender des
Innovation Mine e. V.
Tel.: (02366) 188-407
c.rupp@prosoz.de